" Ein differenzierter Raum- und Lichtplan ermöglichte selbst auf diesem Grundstück eine hohe Wohnqualität. Die Maßnahmen dafür sind Split-level-Typen der Wohnungen, der durchgehende Laubengang an der Hofseite mit der Raumerweiterung des Rankgerüstes an der gegenüberliegenden Feuermauer."
Text: Dietmar Steiner (Neuer Wiener Wohnbau, Juni 1991, Löcker Verlag) |
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" Viele innerstädtische Grundstücke stellen mit fast unlösbar scheinenden Randbedingungen den Planer vor Entscheidungsgrundlagen, die als Ausgangspunkt neuer räumlicher Lösungen sowohl das Stadtbild als auch die Wohnungszuschnitte in prägnanter Weise beeinflussen. Auch die beengte Situation in der Mandlgasse erzwang planerische Maßnahmen, die bei näherer Betrachtung als Modellfall für speziell wienerische Hinterhofszenarien Bereicherung sein können. Zwar ermöglichten die Bebauungsbestimmungen - die zur Hofentkernung des gesamten Gebietes beitragen werden - die optische Erweiterung der Mandlgasse, da ein Vorgarten geschaffen werden musste; sie verschmälerten aber damit die, ohnehin schon enge, Hinterhofbreite.
Unter diesen Vorgaben entstand ein Wohnhaus, das aus fünf gleichen, additiven Elementen und einem sechsten Kopfelement besteht. Die Wölbungen der Straßenfront unterstreichen die Selbständigkeit der Einzelelemente. Auch die Split-level-Erschließung macht jeden Teil fast schon zum Einzelhaus, das in hohem Maß grundrißlich optimierte Wohnungen - sei es aus Gründen der Belichtung oder der Flächenangebote - beinhaltet, aber mit räumlicher Verschneidung, mit interessanten Durchblicken und Luftigkeit hohen Wohnwert bietet.
Die Erdgeschoß-Wohnungen sind über den Vorgarten und eine Arkade direkt zugänglich. Sie werden mit dem höherliegenden Gartenhof zu einer Art eingeschobenem Reihenhaus. Darüber liegen jeweils zwei Maisonettes, die vom Hof über Laubengänge betreten werden.
Im Vordergrund steht jedoch bei diesem Projekt das Rankgerüst, das an der sechs Meter entfernten Feuermauer im Hof angebracht und mittels schmalen Brücken von den Wohnungen aus erreichbar ist. Hier stülpt sich der Wohnbereich ins Freie und ergreift Besitz von Luftraum und begrenzender Wand. Nicht der Balkon, der zur Statik verleitet - zum Sitzen, sondern die Bewegung - das Gehen, Überwinden von Distanzen - ist Thema architektonischer Lösung. Diese Dynamik verlangt vom Bewohner Engagement, ein Agieren und Nutzen, ein "Sich-Heranholen" seines Freiraumes. Selbst die dadurch zweifellos beeinträchtigte Privatheit der Gartenhöfe im Erdgeschoß kann im Erleben dieser Bewegung, der Veränderung, der Bepflanzung über mehrere Etagen eine neue Dimension erhalten. So kann die individuelle Eindimensionalität zu einer lebensbereichernden Gleichzeitigkeit verschmelzen."
Text: Patricia Zacek (Perspektiven, 5/1991) |
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Die beengte Situation erzwang radikale planerische Maßnahmen. Um die natürliche Belichtung aller Räume zu optimieren, wurde für die Lückenbebauung generell die Split-level-Wohnung gewählt. Über große Öffnungen an der Südwest-Front des gegenüber der Mandlgasse zurückgesetzten Gebäudes erfolgt eine maximale Durchlichtung, insbesondere der Sockelwohnungen. Ein, über Brücken erreichtes, begrüntes Rankgerüst (in leichter lichtdurchlässiger Stahlkonstruktion) hilft visuell raumerweiternd ebenfalls, die beengte Hofsituation zu lindern. Das Wohnhaus wird an der Straßenfront durch additive Wölbungen, etc., in sechs Einzelhäuser gegliedert. Diese gestalterische Maßnahme soll dem 35 m langen Baublock die Anonymität nehmen und gleichzeitig im Einklang mit der vertikalen Fassadengliederung Größe und Anzahl der Wohnungen erkennen lassen.
Die Wohnungen in der Sockelzone haben mit arkadierten Einzeleingängen und kleinen Gartenhöfen den Charakter von Reihenhäusern. Halbgeschossig, über vier Ebenen versetzt, wird die Tieflage in der engen Baulücke durch Raum- und Lichtbezüge bzw. "Durchwohnen" bestmöglich aufgewertet. Die darüber liegenden Wohnungen werden über gedeckte Laubengänge erschlossen und im klassischen Split-level gestaffelt. Hier dient das Rankgerüst an der gegenüberliegenden Feuermauer ebenfalls als Raumerweiterung von den Eßdielen über den Laubengang zur 6 m entfernten begrünten Feuermauer. Die Dachwohnungen sind über 5 Ebenen halbgeschossig versetzt angelegt. Sie sind neben einer Studio-Galerie im überhöhten Wohnraum mit teilweise gedeckten Südwest-Terrassen ausgestattet.
Insgesamt war es Aufgabe und Planungsabsicht, in Umkehrung der vermeintlich unlösbaren örtlichen Enge, durch einen differenzierten Raum- und Lichtplan die Wohnqualität derart zu heben, dass alle 19 Wohneinheiten zwischen 47 m2 und 98 m2 mit gutem Gewissen als hochwertig angeboten werden konnten. |
Fotos: © Rupert Steiner |